Nigeria – mit geriebener Maniok Geld verdienen

 Processor Business School (PBS) lehrt neue Verarbeitungsmethoden – Einkommensperspektiven für nigerianische Frauen

Für manche der meist älteren Frauen ist es vielleicht das erste Mal im Leben, daß sie die Schulbank drücken. Viele von ihnen können weder lesen noch schreiben und tragen sich nur mit einem Fingerabdruck in die Liste der Teilnehmenden ein. Sie hoffen, sich mit der Gari-Produktion eine kleine Existenz aufbauen zu können, und sind deshalb mit viel Enthusiasmus bei der Sache. Ein Handbuch hilft ihnen mit anschaulichen Bildern, sich den Unterrichtsstoff besser einzuprägen. Beim Verständnis der schriftlichen Instruktionen und Rechenbeispiele werden später hoffentlich Familienmitglieder helfen, die eine Schulbildung genossen haben.

Die Processor Business School, also die Fortbildung für die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte, ist ein neues Projekt des Grünen Innovationszentrums. Die ersten Trainingsrunden begannen im August 2017. Die nigerianischen Maniok-Sorten eignen sich nicht zum Kochen wie eine Kartoffel und müssen deshalb für den Verzehr bearbeitet werden. Dies ist traditionell die Aufgabe von Frauen.

„Ich war schon länger in der Gari-Produktion tätig, meistens nur für den Familienverbrauch“, sagt die 35-jährige Aisha Ishola. „Verdient habe ich damit nur selten etwas. „Aber jetzt will ich wissen, wie ich das auch geschäftlich betreiben kann. Und ich will hygienische Verarbeitungsmethoden kennen lernen.“

Genau dies wird nach der Unterrichtsstunde im Gemeindesaal in der Praxis  demonstriert. Singend und tanzend ziehen die Frauen ins Dorfzentrum, in dem ganze Stapel von Maniok-Wurzeln aufgehäuft sind. Diese werden jetzt erst einmal gewogen. „Die Leute haben meist gar keine Ahnung, dass man aus fünf Kilogramm ungeschälter Maniok nur etwa ein Kilogramm Gari herausbekommt“, erklärt Trainer Hakeem Oyedele. „Überhaupt haben sie sich nur selten mit Gewichtseinheiten befasst, obwohl der Marktpreis doch genau davon abhängt. Also muss man ihnen solche Berechnungen erläutern.“

Viele Maniok-Wurzeln wurden bereits geschält, die Schale kann später als Tierfutter verwendet und als solches verkauft werden. Dies ist ein weiterer Geschäftszweig, an den die Maniok-Arbeiterinnen bislang vielleicht nie gedacht haben. Die geschälten Wurzeln werden jetzt drei Mal gründlich gewaschen, was in vielen Dörfern früher nicht üblich war – mit dem Ergebnis, dass im Gari immer viel Schmutz enthalten war. Die Qualität ist jedoch ausschlaggebend für einen geschäftlichen Erfolg und ebenso für die Gesundheit der Konsumenten. Lektionen zu Hygiene sind deshalb fester Bestandteil des PBS-Trainings.

Als nächstes müssen die geschälten und gewaschenen Wurzeln gerieben werden. Hier sind die Bewohnerinnen von Baale-Ogunbayo in der glücklichen Lage, dass ihnen eine Diesel-betriebene Reibe zur Verfügung steht. Anstrengende Handarbeit ist damit nicht mehr nötig. „Aber die Reibe muss nach jedem Gebrauch gründlich gereinigt werden“, betont Hakeem Oyedele. Erst nachdem diese Aufgabe erledigt ist, wird die Maschine für den nächsten Reibegang eingeschaltet. Die geriebene Masse wird in Säcke gefüllt, in denen sie nun drei bis sieben Tage lang gären muss – je nachdem, welcher Säuregrad im Gari gewünscht wird.

Den nächsten Schritt demonstriert der Trainer anhand von Säcken mit bereits gegorener Masse. Sie werden in einen Schraubstock gelegt, der über 24 Stunden hinweg überschüssige Flüssigkeit herauspresst. Die getrocknete Masse wird schließlich gesiebt und geröstet. Erst nach all diesen aufwändigen Prozessen ist das Gari-Produkt fertig, das mit Wasser zu diversen Kloßarten zubereitet wird. Was nicht durchs Sieb geht, kann zu Mehl verarbeitet werden – ein weiterer potenzieller Geschäftszweig.

Im nahe gelegenen Dorf Alagbayun, in dem die Processor Business School ihr Pilotprojekt durchführte, sind die Erfolge bereits sichtbar. Die Säcke mit den gärenden Maniok-Raspeln lagern auf Kacheln und nicht mehr auf dem Sandboden wie in der Vergangenheit. Bei allen Prozessabschnitten wird auf Hygiene geachtet, was der Qualität des Endprodukts entgegen kommt. Damit ist nun auch in Baale-Ogunbayo zu rechnen.

Die dortige Unterrichtsstunde ist nun vorbei, die Teilnehmenden sprechen zum Abschluss ein Gebet. „So viel habe ich noch nie im Leben gelernt“, sagt die 73-jährige Emily Olufadeke. „Ich dachte immer, die Jahrhunderte alten traditionellen Methoden reichen für eine gute Gari-Produktion vollständig aus. Aber jetzt weiß ich, wie ich künftig alles besser machen kann – und dann kann ich hoffentlich für meine Familie einen Gewinn erzielen.“

Text Annedore Smith / GIZ